05 Dezember 2019
Esch sur Alzette – Es ist Samstag, 14 Uhr: Fröhlich lärmende Jugendliche strömen durch die mit Zeichnungen und Graffitis bedeckten Flure des Hauses, in dem Hariko untergebracht ist. Ihr Ziel: Die Workshop-Räume, aus denen die schrillen Riffs des Lehrers dringen, denen die dröhnenden Percussions des „Schülers“ antworten. Willkommen im Reich der ungehemmten Kreativität!
Hariko hat das Haus in der rue de l’Eglise in Esch im September auf Einladung des Kulturamts der Stadt Esch-sur-Alzette bezogen. Als Übergangslösung, bis während 2020 der Umzug in die Industriebrache von Esch-Schifflange, der als wichtiger Ort für das Kulturjahr Esch2020 vorgesehen ist, ansteht; dann sollen die Umbauarbeiten im früheren Friedensgericht beendet sein. Das Prinzip ist das gleiche wie im September 2015 bei der Eröffnung in Bonneweg: Kunst allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 12 und 26 Jahren zugänglich zu machen und ihnen mit kostenlosen Workshops in ganz unterschiedlichen Disziplinen dabei zu helfen, ihre Kreativität auszuleben, sich zu öffnen und ihr Selbstbewustsein zu stärken. Die Workshops werden von Künstlern gehalten, die im Gegenzug keine Miete für die Nutzung eines Ateliers bezahlen. „Sechs der 22 Künstler sind uns nach Esch gefolgt und wir konnten zwei neue begrüßen, die ehemalige Besucher in Bonneweg waren: einen jungen Maler aus dem Benin, der einen Asylantrag gestellt hat, und ein aus Syrien geflüchteter Allround-Künstler, der mit den Jugendlichen Stop-Motion-Filme drehen möchte. Leider haben wir nicht genug Platz, um noch mehr Künstler aufzunehmen … Doch in unserem neuen Gebäude werden wir Raum für 25 haben!“, berichtet Marianne Donven, die verantwortliche Leiterin von Hariko.
Esch: Zurück zu den Wurzeln und Sprungbrett
Hariko ist in erster Linie als Ort der Kunst konzipiert: „Wir konzentrieren uns besonders auf gefährdete Jugendliche. Unsere Workshops sind für die Mitglieder kostenlos. Es gibt viele Jugendliche, die sich eher institutionellen Kunstschulen verschließen … wir heißen sie alle willkommen, ohne Vorbedingung, ohne Vorurteil, ohne Tests, ohne Bewertung“, führt Marianne Donven aus.
Mit bereits an die hundert Mitgliedern (gegenüber 700 in Bonneweg) knüpft das Team langsam aber sicher seine Bande: Besuche in den Lyzeen, Zusammenarbeit mit dem Jugendhaus, dienstags Theater-Workshop für Kinder von 11 bis 12 Jahren, die keinen Platz in einer Tagesstätte haben… Marianne Donven schätzt, dass Hariko die Tragfähigkeit seines originellen Konzepts erst wirklich überprüfen kann, wenn man an die Place du Brill umgezogen ist: „Große Säle, Bühnen… dann können wir so viele Dinge machen… und deshalb beginnen wir schon heute mit dem Brainstorming. Die Stadt Esch hat uns in ihr strategisches Kulturkonzept aufgenommen und uns auch die Aufgabe zugeteilt, mit Workshops und Kunstevents in den öffentlichen Raum zu gehen. Zumal die Stadt im Jahr 2022 Europäische Kulturhauptstadt ist.“